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Günther Duvenbeck, Köln-Bonner Musikkalender

"besticht Dahlmanns Gesang durch seine Stimmschönheit ebenso wie durch die Geradlinigkeit des Vortrags"

"Eine höchst bemerkenswerte neue Einspielung für die Freunde des Liedgesangs haben jetzt der Bassbariton Thilo Dahlmann und der Bonner Pianist Hedayet Jonas Djeddikar vorgelegt, auf der man neben einer Auswahl der Deutschen Volkslieder von Brahms einen Zyklus des heute schon beinahe vergessenen Norbert Glanzberg hört, dessen Titel „In Memoriam – Holocaust-Lieder“ womöglich Schlimmeres erwarten lassen könnte, doch werden derlei Befürchtungen durch die Musik entkräftet, die sich ganz auf traditionelle Ausdrucksweisen verlässt und gerade hierdurch eine starke Wirkung zu entfalten vermag. Glanzberg, der von 1910 bis 2001 lebte und vor 1933 bereits als erfolgreicher Autor von Filmmusiken in Berlin arbeitete, floh dann nach Paris, wo er Chansons u.a. für Edith Piaf schrieb, die ihn auch während des Krieges vor der deutschen Besatzung verstckt hielt, vertonte ab 1984 deutsche Gedichte, die in einer Anthologie merheitlich vom NS-Regime Verfolgter, inhaftierter und ermordeter Autoren enthalten waren, darunter auch solche, die kurz vor der Hinrichtung der Betroffenen entstanden. Gehen schon die Texte jedem nur einigermaßen empfindsamen Menschen unter die Haut, so verstärkt sich die Wirkung durch Glanzbergs Vertonung, die auf jedwede atonale Verzerrung verzichtet, sondern im Idiom einer bestürzenden Schlichtheit daherkommt, um ein Vielfaches mehr. Eine solche Herangehensweise straft zugleich die These Adornos Lügen, „man könne nach Auschwitz keine Gedichte mehr schreiben“ und auch keine tonale traditionelle Musik mehr komponieren. In letzter Konsequenz bedeutete dies doch nichts anderes, als das Vernichtungswerk der braunen Kulturbanausen nachträglich zu rechtfertigen. Mit seiner Musik jedoch beweist Galnzberg das Gegenteil und in der so bewegenden Darstellung durch Dahlmann und Djeddikar, die dem Komponisten in dessen Bemühung um Schlichtheit und Unaufgeregtheit auf bewundernswerte Weise folgen, ohne dabei doch den Ernst dieser Lieder in Frage zu stellen, greifen sie dem Hörer stärker ans Herz als es irgendeine modernistische oder verkopfte Machart zu leisten vermöchte. Natürlich werden dabei, wenn es die Dichtung verlangt, auch schon mal strengere Töne angeschlagen, wie in „Die Öfen von Lublin“ und im abschließenden „An die Völker der Erde“ auf einen Text von Werner Bergengruen, der eine Mahnung an die Nachgeborenen formuliert, gelangt der Zyklus zu einem zwar ernsten, aber doch auch sehr versöhnlichen Beschluss. Diese Lieder den Volksliedern von Brahms gegenüber zu stellen, macht durchaus Sinn, behandeln deren Texte doch ebenfalls solch elementare Dinge wie Abschied oder Treulosigkeit. Auch Schuberts „Abendstern“ als Ausklang dieses zutiefst nachdenklich stimmenden Programms ist sehr passend gewählt. Rein vom Musikalischen aus betrachtet besticht Dahlmanns Gesang durch seine Stimmschönheit ebenso wie durch die Geradlinigkeit des Vortrags, die jedoch nicht sein inneres Engagement für die Musik verdeckt. Auch die sehr präsente Aufnahmetechnik unterstützt den schlichten direkten Charakter der Darstellung. Das Beiheft enthält zudem sämtliche Liedtexte, die man indes auch beim Zuhören bestens verstehen kann."




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