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„Mehr davon!“ – Mitra Kottes „herstory“

  • SWR Kultur
  • vor 5 Tagen
  • 2 Min. Lesezeit
  • Album-Tipp von Hannah Schmidt


Auf ihrem Debüt-Album „herstory“ wirft die Pianistin Mitra Kotte Licht auf einen vergessenen Teil der Musik des vergangenen Jahrhunderts: Sie spielt ausschließlich Werke von Komponistinnen ein und geht dabei ganz bewusst auch über die bekannteren Namen hinaus.


Ein besonderes Debüt-Album

Eigentlich hat die 21. Klaviersonate von Cécile Chaminade alles, was die Musikwissenschaft des 20. Jahrhunderts an Klaviermusik gefeiert hat: Sie ist kompositorisch komplex gebaut, emotional vielschichtig und spieltechnisch auf ganz unterschiedlichen Ebenen extrem virtuos – die Musik nutzt wirklich alle expressiven Qualitäten des Instruments.

Die Pianistin Mitra Kotte zelebriert in ihrem Debüt-Album Cécile Chaminades vollgriffige Harmonien genau wie ihre lyrischen Melodien. Sie lässt ihre Finger über die Tastatur fliegen und arbeitet im nächsten Moment präzise und aufmerksam kleine Melodien heraus als würde sie Blütenblätter berühren.

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Ausschließlich Komponistinnen

Dass diese Musik aus dem historischen Gedächtnis verschwunden ist, hat mit der Geschichtsschreibung des vergangenen Jahrhunderts zu tun: Cécile Chaminade war eine Frau, und allein deshalb erachteten die Hochwürden der Musikwissenschaft und des Musiklebens ihre über 400 Werke nicht als wertvoll und wichtig genug, um sie in Lexika, Konzertprogramme und Lehrpläne aufzunehmen, sie zu rezensieren oder ihnen anderweitig eine Bühne zu geben.

Ein Unding findet Mitra Kotte. Die Wiener Virtuosin tritt deshalb auf die Bühne der musikalischen Öffentlichkeit mit einem Debüt-Album, das es in sich hat: ausschließlich Musik von Komponistinnen.

Das sind Gipfelstücke, ästhetische Meisterinnenwerke: Neben der erwähnten grandiosen Klaviersonate in c-Moll von Cécile Chaminade glänzt da zum Beispiel das bewegende „Dreaming“ aus Amy Beaches „Four Sketches“ oder Marie Jaëlls visionäres „Impromptu“ in a-Moll.


Die Individualität der Musik

Auf ihrem Album interpretiert Mitra Kotte Klaviermusik, die das 19. und 20. Jahrhundert ästhetisch abbildet, mit allen Strömungen und Ausreißern. So gesehen ist das Album musikalisch also eigentlich alles andere als „außergewöhnlich“, denn die präsentierten Werke verkörpern ohne Ausnahme den vielschichtigen Sound dieser Epoche, den man bereits kennt.

Was allerdings bisher fehlt, ist der Klang dieser individuellen Werke, sind die kreativen Harmonien, die eingängigen Rhythmen und Melodien, die genauso ins kollektive Gedächtnis hätten eingehen können, eingehen müssen, wie Schuberts „Ländler“ oder Chopins „Regentropfen-Prélude“.



Nach Hören dieses Albums fühlt man sich betrogen: Womit haben wir es verdient Jahrzehnte-, gar Jahrhundertelang diese unglaubliche Musik vorenthalten bekommen zu haben? Und gleichzeitig ist man Mitra Kotte tief dankbar dafür, dass sie ihr Talent, ihre Recherchezeit und ihr außergewöhnliches pianistisches Können dieser Musik widmet. Bleibt zu hoffen, dass da noch mehr kommt!







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