"„Salute to the Violin“ hat der deutsch-amerikanische Cellist Timothy Hopkins (Jg. 1995) sein Debütalbum genannt, und in der Tat sind alle vier von ihm ausgewählten Werke im Original für die Violine bestimmt, wobei drei von ihnen allerdings ohnehin beliebte Objekte von Bearbeitungen für alle möglichen Instrumente und Instrumentenkombinationen sind. Am Klavier begleitet ihn die junge aus Tomsk stammende, seit rund zehn Jahren in Deutschland ansässige Pianistin Vita Kan.
Rund die Hälfte der Spieldauer nimmt die Sonate A-Dur von César Franck ein, die bekanntlich schon zu Lebzeiten des Komponisten (und durch ihn autorisiert) von Jules Delsart für Cello bearbeitet wurde. Hopkins und Kan legen eine klangschöne, eher verhaltene, die kantablen Seiten der Musik betonende Interpretation vor; gelegentlich könnte die Musik dabei allerdings etwas mehr Richtung und Fokus auf größere Zusammenhänge vertragen. Da im Beiheft (dessen Autor nicht genannt wird) darauf hingewiesen wird, dass Hopkins die Delsart-Fassung seinerseits hier und da etwas abgewandelt hat, sei kurz auf die Unterschiede eingegangen. Im Wesentlichen handelt es sich um Oktavierungen, meistens nach oben, denn Delsart vollzieht nicht alle Passagen in den hohen Registern nach, Hopkins die meisten aber schon. Im zweiten Satz transponiert Hopkins u.a. den ersten Einsatz um eine Oktave nach unten, um dem Spiel auf der G-Saite der Violine im Original näherzukommen. Mich überzeugt die Fassung von Delsart letztlich mehr, weil sie runder wirkt und klanglich stärker auf die Möglichkeiten des Cellos abgestimmt ist, auch wenn Hopkins in den hohen Lagen bemerkenswert gesanglich (und sehr intonationssicher) zu spielen vermag. Bei der erwähnten Transposition nach unten im zweiten Satz ergibt sich das Problem, dass der Klavierpart das Cello so tendenziell zudeckt; die Frage ist zudem, ob sich solcherlei instrumentenspezifische Wirkungen (wie der Klang der G-Saite der Violine, umgekehrt übrigens auch der Klang der C-Saite des Cellos) wirklich überzeugend übertragen lassen. Wenn Hopkins am Ende des zweiten Satzes die aufsteigende Sexte a-fis wiederherstellt (bei Delsart in eine fallende Terz umgewandelt), dann kommt er der Charakteristik des Originals allerdings sehr wohl eine ganze Spur näher. Freilich sei darauf hingewiesen, dass es sich bei alledem um Detailfragen handelt.
Eingeleitet wird die CD mit Hopkins’ eigener Bearbeitung der Chaconne aus Bachs Partita d-moll BWV 1004, die sich sogar noch enger am Original orientiert, was in diesem Fall insgesamt sehr überzeugend funktioniert. Hopkins’ Interpretation selbst lässt ganz ähnliche Schwerpunkte wie schon im Falle der Franck-Sonate erkennen: eine (über weite Strecken gerade auch dynamisch) zurückgenommene, introspektive Lesart, weit von der ehernen Strenge entfernt, die die Chaconne auch ausstrahlen kann, teilweise sogar mit einer gewissen Leichtigkeit (gerade in den ersten Minuten), im Übrigen ohne Vibrato, allerdings doch ein wenig auf Kosten des (im Begleittext etwas blumig beschworenen) Dramas, wie es z.B. auf der Violine Arthur Grumiaux mit nobler Tongebung darzustellen wusste. Hopkins’ Adaption von Paganinis berühmter Caprice Nr. 24 zeigt den jungen Cellisten einmal mehr als technisch ausgesprochen beschlagenen Meister seines Instruments.
Das vierte hier eingespielte Werk, Saint-Saëns’ Introduktion und Rondo capriccioso op. 28, ist klassisches Violinrepertoire, und hier stellt sich m.E. stärker anders als bei den anderen Werken die Frage nach dem Sinn einer solchen Bearbeitung. Saint-Saëns hat das Cello ja sehr wohl mit allerhand Musik bedacht, wie man überhaupt feststellen muss, dass es in der Musik des 19. Jahrhunderts (die den Schwerpunkt der CD bildet) sicherlich keinen Mangel an Repertoire für Cello (mit Klavierbegleitung) gibt; auch abseits des Kanons findet man etliches von hoher Qualität. Eine direkte Notwendigkeit für solche Adaptionen gibt es also nicht. Umso mehr ist abzuwägen, ob das Resultat befriedigt, und hiervon bin ich im Falle dieses Stücks nicht völlig überzeugt. Hopkins orientiert sich wiederum deutlich am Original, so sehr, dass er z.B. eine ganze Reihe von Passagen (u.a. den Anfang) sogar in der originalen Tonhöhe spielt. Das Resultat ist am Ende aber vielleicht doch mehr ein „Gruß an die Violine“ als ein als wirklich plausibles Stück für Violoncello. Vita Kan begleitet Hopkins in den Stücken von Franck und Saint-Saëns einfühlsam, dabei eher dezent; nur gelegentlich (Saint-Saëns ab etwa 8:00) kommt es zu leichten Wacklern im Zusammenspiel. Das Beiheft informiert insbesondere gut über Natur und Umfang von Hopkins’ Bearbeitungen, der Klang ist tadellos. Insgesamt also ein beachtliches CD-Debüt."
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