"Poetische Musik, musikalische Gedichte – auf ihrem Album widmet sich die aus Luxemburg stammende Pianistin Cathy Krier der Verbindung zwischen Wort und Ton. Ihre kluge Zusammenstellung reicht von Ravels Gaspard de la Nuit über Liszt-Transkriptionen und Prokofjews Cinderella bis zu zeitgenössischen Komponistinnen.
Ravels dreiteiliger Zyklus Gaspard de la nuit basiert auf schauerromantischen Gedichten von Louis Bertrand. Mit ihrer suggestiven Gestaltung erweckt Cathy Krier die gruslig-grotesken Szenen eindrucksvoll zum Leben. Musik sagt mehr als tausend Worte – so könnte man da das bekannte Sprichwort abwandeln. Das grelle, verzerrte Lachen der Nixe Ondine mischt sich in den Arpeggio-Klang des spritzenden Wassers; ein Galgen steht in einer beklemmend finsteren, im Glockenläuten versinkenden Landschaft.
Schließlich tritt der listige Höllenzwerg Scarbo auf. Hier werden dem Interpreten bei Tonrepetitionen und rasanten Läufen 27 verschiedene Anschlagsarten abverlangt. Scheinbar mühelos meistert Cathy Krier diese hochkomplexe Virtuosität.
Prokofjew folgte in seiner Ballettmusik Cinderella wortwörtlich dem gleichnamigen Märchen von Charles Perrault. Cathy Krier präsentiert die dazugehörige Klavier-Suite mit kontrastreichen Farben und scharf konturierten Linien.
Aus Liszts zahlreichen Schubert-Transkriptionen wählte die Pianistin drei Stücke, wobei ihr all die Ornamente und akrobatischen Kadenzen leichthändig gelingen, mit denen Liszt den Schubertschen Klaviersatz garniert. In Gretchen am Spinnrade bezaubert sie mit lyrischer Innigkeit; Die Stadt wirkt hingegen dunkel, neblig, bedrohlich; beim fiesen verminderten Septakkord stellen sich die Nackenhaare auf. Schuberts Ständchen wiederum ist ein Liebeslied, wie es Romeo seiner Julia in einer lauen Sommernacht dargeboten haben könnte. In Liszts wortloser Fassung wird besonders deutlich, dass das Klavier hier eine Gitarre imitiert.
Am Ende greift die Pianistin zu zwei zeitgenössischen Werken. Die griechische Komponistin Konstantia Gourzi ließ sich von dem Lyriker Konstantinos Kaváfis inspirieren, der in einem Gedicht Homers Odyssee und eigene Reiseerfahrungen verbindet. Zu Beginn erklingen faszinierende Geräusche, wenn die Pianistin die Saiten des Flügels mit Bällen oder Klangschalen berührt. Im Mittelteil fügen sich lakonische Miniaturen zu längeren Gedanken. Schließlich gerinnt das Reflektieren über die Reise in einer repetitiven Melodie der linken Hand.
Die luxemburgische Komponistin Catherine Kontz schrieb 2022 das Stück Murmuration für die Pianistin. Der Begriff bezeichnet das Schwärmen der Vögel am herbstlichen Himmel – ein Phänomen, von dem sich viele Dichter inspirieren ließen. Catherine Kontz bringt die himmlischen Formationen virtuos-lautmalerisch zum Klingen.
Mit diesem abwechslungsreichen Repertoire kann Cathy Krier ihre facettenreiche Ausdrucks- und Klangpalette optimal präsentieren. Zugleich bietet das Album einen faszinierenden Einblick in die Welt der Wechselwirkungen zwischen Musik und Poesie."
Comments