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Mitra Kotte im music austria-Interview

music austria

mica-Interview mit Theresa Steininger


Anfangs hatte die Wahl des Instruments einen profanen Grund, bald aber konnte sie sich das Leben ohne Klavier nicht mehr vorstellen: Die Pianistin MITRA KOTTE gehört zu den aufstrebenden Tasten-Virtuosinnen unserer Zeit. Jüngst wurde sie als NASOM-Künstlerin 2025/26 ausgewählt, bei dem unter dem Titel „The New Austrian Sound of Music“ junge Künstler:innen vom Österreichischen Außenministerium sowie durch die Österreichischen Kulturforen, Botschaften und Generalkonsulate vermehrt Unterstützung erhalten. Zudem hat MITRA KOTTE gerade eine besondere CD herausgebracht. Anfang März wird sie mit Julia Stemberger im Musikverein Wien zu erleben sein. Über all das spricht sie im mica-Interview mit Theresa Steininger.


Ihr erster Wunsch war es, Geige zu lernen. Warum wurde doch das Klavier „Ihr“ Instrument?

Mitra Kotte: Ich weiß das ja selbst hauptsächlich aus Erzählungen, es heißt, ich wollte mit vier Jahren Geige spielen, aber die Lehrerin meinte, ich sei noch zu klein und ich solle zuerst einmal am Klavier die Noten lernen und eine Ahnung von Musik bekommen. Doch sobald ich dann am Klavier saß, war es das mit der Geigen-Karriere. Ich bin heute sehr froh, dass ich beim Klavier geblieben bin. Und dass ich so früh begonnen habe, denn gerade beim Klavier ist das wichtig. Detail am Rande: Das mit dem frühen Notenlesen hat sich nicht bewahrheitet, denn das konnte ich erst viel später. Da ich ein absolutes Gehör habe, lernte ich das Klavierspiel auch rasch, ohne Noten lesen zu können.


Wann war Ihnen klar, dass Sie das Klavierspiel zum Beruf machen wollten?

Mitra Kotte: So mit 14 Jahren dachte ich, es könnte eine Option sein. Damals habe ich auch mit Wettbewerben begonnen und mich auf die Aufnahmeprüfung für die Musikuniversität vorbereitet. Ich habe dann sogar eine Klasse im Gymnasium übersprungen, damit ich jünger für das Studium aufgenommen werden konnte, um gegenüber Musikerinnen und Musikern aus dem Ausland eine größere Chance zu haben.


Was war und ist es, was Sie am Klavier fasziniert?

Mitra Kotte: Ich sah es immer schon als besonderes Instrument an – und kannte anfangs auch kaum andere. Für mich war das Klavier immer schon ein Teil des Alltags, auch, weil meine Mutter Klavierlehrerin ist – wobei sie nie meine war. Aber es war bei uns daheim einfach selbstverständlich, sich mit Musik zu beschäftigen. Dass die Faszination des Klaviers für mich von den Werken und vom Klang ausgeht, habe ich erst später realisiert.


Welche Stücke haben Sie anfangs in den Bann gezogen und welche sind heute Lieblingswerke?

Mitra Kotte: In jedem Entwicklungsstadium gibt es einige, die Standardrepertoire sind, aber schon früh haben mich Sonaten von Beethoven fasziniert, auch Chopin-Balladen. Da dachte ich: Wenn man die spielen kann, dann kann man Klavier spielen. Heute ist es sehr tagesabhängig, mir kommt es auf die Abwechslung an. Ich spiele sehr gerne Schubert und Schumann, aber ich bin auch draufgekommen, dass es sich sehr lohnt, Neues zu entdecken …


… wie auf Ihrer gerade veröffentlichten CD „Herstory“, auf der Sie Komponistinnen des 19. und 20. Jahrhunderts in den Mittelpunkt stellen, beispielsweise Louise Farrenc und Emilie Mayer.  

Mitra Kotte: Die Recherche für das Album war sehr faszinierend. Ich habe sehr viele Noten studiert, um die Kompositionsstile zu entdecken. Jede dieser Frauen hatte eine ganz eigene Klangsprache und -farbe, die ich für mich entdecken konnte. Außerdem fand ich sehr spannend, hier mal abseits jener Werke zu agieren, die sowieso jeder von Standardaufnahmen im Kopf hat. Bei der Beschäftigung mit diesen für mich so neuen Werken ging es im ersten Schritt einmal darum, zu sehen, worum es sich in der Komposition dreht, wohin die Musik sich entwickelt, was mit welcher Phrase bezweckt wird … Das war ein ganz anderer Prozess.


Das ist der Beschäftigung mit Werken zeitgenössischer Komponisten nicht unähnlich, für die Sie sich auch begeistern können. Was schätzen Sie an dieser Arbeit?

Mitra Kotte: Ich finde es sehr interessant, auch mit den Komponisten und Komponistinnen sprechen zu können, wenn es um Werke von heute geht. Es ist natürlich unterschiedlich, aber manche geben viele Einblicke in den Schaffensprozess und das finde ich sehr spannend. Beispielsweise hat mir Gerald Resch, als ich an einem Werk von ihm gearbeitet habe, seine Notizen gegeben und so konnte ich Schritt für Schritt seine Vorgangsweise nachvollziehen und sehen, welche Gedanken er verworfen hat und wie dieses Stück letztlich entstanden ist. Das ist schon eine ganz andere Erfahrung, als wenn man ein Stück aus der Romantik oder Klassik spielt.


Musik von Nadja Boulanger, Cécile Chaminade, Maria Hofer, Dora Pejačević und Vítězslava Kaprálová steht auch im Vordergrund, wenn Sie demnächst gemeinsam mit Julia Stemberger im Musikverein Wien auftreten. Was mögen Sie an Konzerten, in denen Gelesenes und Gespieltes zusammenkommen?

Mitra Kotte: Es ist herrlich, wenn Musik und Gesprochenes sehr gut aufeinander abgestimmt werden. Damit meine ich nicht nur, dass Kompositionen und Text gut zusammenpassen. Das natürlich. Aber es hängt auch von dem Schauspieler oder der Schauspielerin ab, inwiefern man gut besprochen hat, an welchen Stellen der Lesung die Musik hinzukommt. Im Idealfall passt die Schauspielerin oder der Schauspieler seine beziehungsweise ihre Stimme dann auch an die Musik an, kurz bevor diese startet, und kreiert so eine Atmosphäre, die vorbereitet, welche Melodien gleich zu hören sein werden. Ich verstehe, dass dieses Format beim Publikum so beliebt ist. Und für mich ist es besonders spannend, weil ich ja ansonsten nicht mit Schauspielern zusammenarbeite. Ich finde, es ist im Idealfall mit Kammermusik vergleichbar, in der man sich auch gegenseitig Energie gibt.


Sie spielen vermehrt in wichtigen Häusern. Welche Gefühle begleiten solche Auftritte?

Mitra Kotte: Natürlich freue ich mich, wenn ich berühmte Podien bespielen darf. Aber für mich macht es in der Vorbereitung fast keinen Unterschied, ob ich in einem kleineren oder einem größeren Rahmen auftrete. Natürlich hängt immer viel von dem Projekt ab – und von den Musikerinnen und Musikern, mit denen man spielt.


Sie wurden nun als NASOM-Künstlerin ausgewählt. Was bedeutet Ihnen das?

Mitra Kotte: Es ist eine ganz tolle Möglichkeit, die sich mir hier bietet. Ich habe schon einige Male für das Außenministerium in Kulturforen gespielt und immer waren das ganz besonders schöne Erfahrungen. Natürlich fährt man auch auf Festivals, auf die man sowieso fahren würde, aber eben auch für Projekte in Länder, in die man als Touristin vielleicht gar nicht käme. Ich finde es wahnsinnig spannend, mit Leuten vor Ort so intensiv in Kontakt zu treten und ihrer Kultur besonders nahe zu kommen. Vielleicht kann das in Form eines Meisterkurses passieren oder eben auch bei den Konzerten und im Austausch rundherum. Ich freue mich, wenn ich auf diese Weise erfahren kann, wie die Kultur in einem Land aufgestellt ist. Darüber hinaus bietet NASOM natürlich eine schöne Möglichkeit, sich zu präsentieren und dabei große Unterstützung zu bekommen. Die Kontakte zu den Menschen und ihren Kulturen in anderen Ländern werden sicher auch über die NASOM-Jahre hinaus bestehen. Und dieser Austausch kann sehr bereichernd sein.


Apropos Ausland: Als Sie studierten, waren Sie ein Jahr lang in Korea. Inwiefern hat das Ihren Zugang zur Musik verändert?

Mitra Kotte: Die Herangehensweise an Stücke ist dort oft eine andere als bei uns. Ich habe wahrgenommen, dass in Korea tendenziell zunächst das Spielerisch-Technische im Vordergrund steht, bevor man sich intensiver mit der musikalischen Gestaltung auseinandersetzt. In unseren Breiten hingegen scheint der unmittelbare Zugang zur Musik von Beginn an eine größere Rolle zu spielen. Diese Eindrücke habe ich mitgenommen und für mich eine passende Mischung gefunden.


Wenn Sie heute Solo-Recital-Programme zusammenstellen, was ist Ihnen dabei besonders wichtig?

Mitra Kotte: Abgesehen von Vorgaben der Veranstalter ist mir wichtig, dass etwas dabei ist, das ich wirklich gerne spiele. Man verbringt so viel Zeit mit dem Üben, dass essentiell ist, wirklich Lust auf das zu haben, was man sich vorgenommen hat. Nun auch durch die Vorbereitung der CD „Herstory“ so wunderbare, faszinierende Werke kennengelernt zu haben, die es zu entdecken gilt, bestätigt mich in meiner Offenheit.

Herzlichen Dank für das Gespräch!





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