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Kamilla Kaiser, rbb Kultur

Schwebende Klänge und feine Vielstimmigkeit


Album der Woche 08.04. - 14.04.2024

"Glitzernde Nachtfalter, ein wundersamer, alter Garten und eine Hommage an Chopin: Die Berliner Pianistin Adriana von Franqué versammelt ein anregendes Programm auf ihrer Debüt-CD mit Werken u.a. von Maurice Ravel, Lili Boulanger und Simon Laks.


Der Titel und das Programm des Albums "Filigrane" haben über einen längeren Zeitraum zueinander gefunden. Adriana von Franqué hat die Stücke in Konzerten gespielt, in Vobereitung auf ihre Konzertmoderationen immer mehr Verbindungen und so schließlich auch den Titel entdeckt.

"Die haben alle so eine feine Polyphonie und diese schwebenden Klänge - und dann habe ich gedacht, es muss irgendwas geben, was sie wie ein Wasserzeichen verbindet", so Adriana von Franqué. "Und dann bin ich auf dieses Wort 'Filigrane' gestoßen, was genau alles vereint, was ich mir gewünscht habe für den Titel. Das ist echt ein tolles Wort. Auf Französisch bedeutet 'filigrane' Wasserzeichen und auf Deutsch etwas sehr Feingliedriges, Detailliertes - wie ein Schmuckstück eigentlich."


Fünf solcher Schmuckstücke verbindet Adriana von Franqué auf ihrem Album "Filigrane". Vom ersten Ton an zeigt sie sich als feinsinnige Erzählerin, die genussvoll versteckte Klangnuancen auslotet, wie in Lili Boulangers erstem der drei Stücke für Klavier: "D’un vieux jardin" ("In einem alten Garten"). Das Wundern und Staunen über die Schönheit des Lebens, gleichzeitig die Erinnerung an seine Vergänglichkeit – beides zieht sich als Wasserzeichen-Merkmal durch das CD-Programm.


Neben dem Entstehungsort Paris sind die schwebenden Klänge ein zentrales, verbindendes Element und schon beim ältesten Komponisten des Albums César Franck zu finden. Adriana von Franqué hat dessen "Prélude, Choral et Fugue" ans Ende von "Filigrane" gestellt:

"Er hat sich so viel mit der Orgel auseinandergesetzt und dieses Instrument in Klaviersprache übersetzt, was dann schon wegweisend war für die kommenden Generationen. Vor allem im 'Choral' kann man ganz viele Klänge hören, die ein bisschen an die Orgel erinnern: Es wird immer lauter, es wird immer dichter, als würden immer mehr Register gezogen werden.“

Eine Entdeckung auf Adriana von Franqués neuem Album ist die "Hommage à Chopin" von Simon Laks. Der Komponist wurde 1901 in Warschau geboren, siedelte Mitte der 20er Jahre nach Paris über und feierte dort erste Erfolge als Komponist – bis der Zweite Weltkrieg für einen tiefen Einschnitt sorgte:

"Er war Jude und konnte sich auch in Paris nicht retten vor den Nazis und wurde dann nach Ausschwitz II deportiert. Er überlebte dieses Konzentrationslager, weil er dirigieren konnte, arrangieren konnte. Er war wirklich ein fantastischer Musiker - und das rettete ihm das Leben, weil er zum Dirigenten eines der Männerorchester wurde. Nach der Befreiung kehrte er wieder nach Paris zurück. Nach dem Zweiten Weltkrieg sind dann nicht mehr so viele Kompositionen entstanden, weil er ein gebrochener Mensch war. Er hatte den Glauben an die Menschheit verloren, konnte sich selbst nicht richtig erklären, warum er überlebt hatte und so viele Menschen um ihn herum nicht und hat sich dann eher dem Schreiben zugewendet.“

Eine der wenigen Kompositionen, die Simon Laks nach dem Zweiten Weltkrieg noch geschrieben hat, ist die "Hommage à Chopin". Hier klingen nicht nur der Widmungsträger, sondern auch jazzige Harmonien an.

Von den vielen Verbindungen zwischen den einzelnen Werken und Komponist:innen erzählt Adriana von Franqué in ihrem lesenswerten Booklet-Text. "Filigrane" ist ein bilderreiches Album, mit einem sehr tiefgründigen Fundament unter der schwebenden Oberfläche. Ein Wasserzeichen, das auch nach dem letzten Ton haften bleibt!"



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