"Englische Komponisten, die nicht gerade Purcell, Elgar oder Britten heißen, haben in der Musikgeschichte vielleicht einen ebenso schweren Stand wie die Viola im Kreis der Instrumente. Der chinesische Ausnahmekünstler Diyang Mei, seines Zeichens Solo-Bratscher der Berliner Philharmoniker, macht nun aus beider Not eine Tugend und stellt mit den Konzerten von York Bowen und William Walton zwei besondere Meisterwerke vor.
Als William Walton daranging, ein Bratschenkonzert für Lionel Tertis zu schreiben war er 27, noch drei Jahre jünger als sein aktueller Interpret Diyang Mei. Der extravagante Solopart sollte es mit dem einer Violine aufnehmen können, geriet am Ende aber so ambitioniert, dass sich Tertis zurückzog. „Mit Scham und Reue“, gab er später zu, sich in der Qualität des Werkes geirrt zu haben. Die Uraufführung in der Londoner Queen’s Hall spielte 1929 kein Geringerer als Paul Hindemith.
Der spektakuläre Parforceritt, der dem Solisten vom hingetupften Pianissimo über große lyrische Bögen bis zu atemberaubend virtuosen Passagen alles abverlangt, hat sich auf den Konzertpodien mittlerweile einigermaßen etabliert. Von einem Standardwerk kann – allein mit Blick auf das Soloinstrument – aber weiterhin keine Rede sein und so dürfte Diyang Meis atemberaubende Darbietung, der die kraftvolle Begleitung der deutschen Radio Philharmonie unter Brett Dean in nichts nachsteht, gleich in mehrfacher Hinsicht für Aufmerksamkeit sorgen. Waltons gediegen-verschachtelte und dann wieder mitteilsam-vorwärtsstrebende, in jedem Takt ideenreiche und immer wieder überraschende Partitur ist des vielfachen Hinhörens in jedem Falle wert.
Der (durch die CD-Zusammenstellung fast unvermeidliche) Vergleich mit dem Konzert des 18 Jahre älteren York Bowen lässt William Walton in noch etwas hellerem Licht erstrahlen, doch das 1908 uraufgeführte Werk des unter anderem von Camille Saint-Saëns hochgeschätzten Komponisten ist trotzdem mehr als ein Programmfüller. Konventionell, aber mit viel Noblesse, eingängig, aber höchst facettenreich erscheint hier so etwas wie der Prototyp eines spätromantischen Bratschenkonzertes, das sein Publikum bestens zu unterhalten vermag."
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